Der Vorleser
„Der Vorleser“ ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Bernhard Schlink. Es geht um die Affäre zwischen dem 15-jährigen Schüler Michael Berg und der zwanzig Jahre älteren Hanna Schmitz, die sich im Jahr 1958 ineinander verlieben ohne etwas voneinander zu wissen. Das Ritual des Vorlesens vor dem Sex schafft eine falsche Nähe und wird bis zum Schluß die bevorzugte Kommunikationsform zwischen Hanna und Michael.
- Amazon Prime Video (Video-on-Demand)
- David Kross, Kate Winslet, Ralph Fiennes (Schauspieler)
- Stephen Daldry (Regisseur) - David Hare (Autor) - Sydney Pollack (Produzent)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 12 Jahren
Erst 8 Jahre später begegnen sich beide erneut-im Gerichtssaal. Michael, der inzwischen Jura studiert erfährt, dass seine ehemalige Geliebte eine KZ-Aufseherin war. Michael wird benutzt für das emotionale Defizit einer Frau, die nicht weiß wer sie ist. So konstruiert diese Liebesgeschichte erscheint, ist sie doch eine kraftvolle Metapher für das Schweigen über eine Schuld, die nicht aufgearbeitet sondern verdrängt wurde.
Besetzung / Darsteller, Regie und Drehorte vom Film
Der Film „Der Vorleser“ kam im Jahr 2008 in die Kinos. Er basiert auf dem Roman von Bernhard Schlink, der 1995 erschien. Der Film ist eine deutsch-amerikanische Produktion. „Der Vorleser“ wurde von Regisseur Stephen Daldry gedreht, der mit „the Hours“ schon bewiesen hatte, dass er sich auf Literaturverfilmungen versteht. Das Drehbuch schrieb der Dramatiker David Hare und rückte, anders als im Roman, die Figur Hanna Schmitz in den Mittelpunkt und ein zu helles Licht. Es ist der Versuch der Empathie mit dem Bösen, der dem Film die gleiche unangenehme Distanz zum Holocaust verleiht, die auch die von Kate Winslet überragend gespielte Hanna Schmitz zu ihrer eigenen Person hat.
Der Film wurde überwiegend in Deutschland gedreht. Die Hauptrollen spielen David Kross als junger Michael Berg, (Ralph Fiennes spielt ihn im Erwachsenenalter) und Kate Winslet als Hanna Schmitz. In den Nebenrollen sind u.a. Karoline Herfurth als und Freundin des jungen Studenten, Hannah Herzsprung als seine Tochter Julia, Bruno Ganz als Professor Rohl, Lena Olin in der Rolle der Jüdin Ilana Marther , Jeannette Hain als Geliebte des erwachsenen Michael Berg und Alexandra Maria Lara als junge Ilana Marther.
Zusammenfassung & Story vom Film „Der Vorleser“
Im Mittelpunkt steht der junge Schüler Michael Berg, der im Nachkriegsdeutschland im Jahr 1958 seine erste Liebe ausgerechnet mit einer ehemaligen KZ-Aufseherin erlebt. Für ihn ist sie nur die mysteriöse Fremde, die ihn nachdem er sich wegen einer Scharlacherkrankung in der Straßenbahn übergeben muss, bei sich Zuhause aufnimmt und pflegt. Ihr verbindendes Ritual ist das Vorlesen: So kommen sie sich näher. Aus der vorsichtigen Annäherung wird ziemlich schnell ein sexuelles Verhältnis: Zu emotional, um bloss Affäre genannt zu werden, zu distanziert um das Wort Liebe damit in Verbindung zu bringen.
Der Protagonist ist vom unnahbaren und verwirrenden Verhalten seiner Geliebten gleichzeititig fasziniert und abgestoßen. Erst allmählich erkennt er, dass ihr Analphabetismus der Grund für seine Rolle als Vorleser ist und dass es das Schamgefühl ist, das ihre Handlungen bestimmt hat. Jahre später ist aus dem stillen, aber emotionalen und liebesfähigen Jungen ein Anwalt mit Bindungsstörungen geworden. Er ist nun selbst das, was er bei Hanna zu heilen versuchte: Pathologisch distanziert. Von sich selbst, seinen Gefühlen und so auch zu den ihm nahestehenden Menschen. Man fragt sich, ob es dieses isolierte Lebensgefühl ist, dass beide Figuren einander erkennen liess. Oder ob die Fähigkeit zu lieben völlig vom missbrauchenden Emotionsdefizit der Protagonistin verbraucht wurde.
Als Student trifft Michael bei einer Gerichtsverhandlung wieder auf sie, wo sie für ihre Taten verurteilt wird. Nach ihrem Gefängnisaufenthalt kümmert er sich um Hanna, da sie keine Angehörigen hat. Während ihres Gefängnisaufenthalts nimmt er ihr Kassetten auf und liest ihr ihre Lieblingsbücher vor. Hanna entschuldigt sich am Ende des Films bei einem ihrer Opfer und reist nach New York. Bis zum Schluß bleibt unklar, ob Hanna überhaupt Reue empfindet. Klar ist nur, sie schämt sich so sehr für ihren Analphabetismus, dass sie einen Gefängnisaufenthalt in Kauf nimmt. Doch genau hier liegt auch das Problem: Soll dieses Manko als einzige Ursache für die psychopathische Seite dieser Frau herhalten? Es scheint so. Denn darum geht es ihr, bis zuletzt.
Reue ist nicht erkennbar, nicht mal am Ende des Films, beim Besuch ein ehemaligen Opfers in New York. Es ist diese Distanz zu sich selbst, zu dem was sie getan hat, die ihr diese kalte Aura verleiht-doch der Analphabetismus ist das einzige in ihrem Leben, zu dem sie eine Beziehung hat. im Gefängnis lernt sie lesen und schreiben, doch auf ihren ersten selbstverfassten Brief reagiert der ehemalige Geliebte nicht. Ihre Kommunikationsform ist das Vorlesen: Sowas wie Liebe konnte nur in Verbindung mit dem Einzigen funktionieren, das in Hanna eine Emotion auslöst, das Einzige, das in ihrem Leben so etwas wie eine rote Linie vorgibt: Die Scham über sich selbst, nicht das was sie getan hat, sondern was sie ist.
Kritiken und Fazit zum Film „Der Vorleser“
Das Psychogramm einer Täterin, die keinen Bezug zu ihren Taten hat, kann als Symbol für den nicht überwundenen Antisemitismus gedeutet werden, der nie überwunden wurde weil eine Reflexion nie stattfand. Doch der Film „Der Vorleser“ zeigt nur ein verzerrtes Bild von Schuld. Am Ende bleibt der Fatalismus. Die Schauspielkünste von Kate Winslet und David Kross machen den Film trotzdem sehenswert. Die Geschichte ihrer Beziehung wird meisterhaft erzählt, die Botschaft ist jedoch irreführend.